RWTH Aachen weiterentwickelte. Bei einem Rettungseinsatz müssen Men- schen zusammenarbeiten, die sich vor- her möglicherweise nie gesehen haben – und das in einer Situation, die oft genug völlig unklar ist beziehungsweise sich dramatisch entwickeln kann. Der Anästhesist und Leiter des Zentrums für interdisziplinäre Trainings und Patien- tensicherheit an der Uniklinik Aachen stellte Kommunikationsanforderungen und Regeln vor, die nicht nur die zu be- handelnden Personen, sondern auch die Einsatzkräfte selbst vor Risiken schützen. „Diese Zusammenarbeit muss immer wieder geübt werden“, sagte er. Außerdem solle am Ende eines Einsatzes nicht nur auf potenzielle Feh- ler geschaut, sondern gemeinsam auch besprochen werden, was richtig gut ge- laufen ist: „Das ist Sicherheitskultur.“ Was das Bewusstsein für Sicherheits- fragen im Alltag ist, ist Resilienz, also Widerstandsfähigkeit, im Agieren der Gesellschaften. Sönke Marahrens, Oberst der Bundeswehr und tätig am europäischen Zentrum für die Abwehr hybrider Bedrohungen in Helsinki, for- derte in seinem Beitrag mehr gesell- schaftliche Resilienz gegen solche Be- drohungen ein und hob damit das Thema Risikomanagement auf eine an- dere Ebene. Letztlich müsse man sich bewusst sein: Es gebe Staaten auf der Welt, die sich von einer Instabilität Pro- fit versprächen beziehungsweise denen eine gesellschaftliche Spaltung in west- lichen Demokratien in die Hände spiele. Daher versuchten sie, durch Desinfor- mationskampagnen, Cyberangriffe, aber auch durch mehr oder weniger verdeckte wirtschaftliche Aktivitäten Einfluss zu gewinnen. „Wir dürfen vor diesen Themen nicht die Augen ver- schließen“, sagte Sönke Marahrens. „Resilienz ist eine gesamtgesellschaft- liche Aufgabe.“ Es gehe unter anderem darum, die kritische Infrastruktur besser zu schützen. Ein neues gesellschaftliches Risikobe- wusstsein wünschte sich auch Dr. Frank Schumacher, Geschäftsführer eines Zweckverbands aus etlichen Kommu- nen, die bei Böblingen ein Restmüllheiz- kraftwerk betreiben. Sein Petitum: Abfall ist der Rohstoff von morgen und er würde immens im Wirtschaftskreislauf fehlen, wenn er nicht mehr abgeholt würde. Die Verwertungsmöglichkeiten seien noch nicht ausgeschöpft, den- noch plädierte Dr. Schumacher auch dafür, die Augen nicht vor der Realität zu verschließen. Eine thermische Ver- wertung des Abfalls und damit die Be- reitstellung neuer Energie müsse eben- falls ohne gedankliche Scheuklappen in die Debatte Eingang finden. Professionelle Wege beim Risikoma- nagement in der Pflege Hochbetagter geht Agaplesion, berichtete Bettina Geißler-Nielsen, Leiterin des Prozess- und Qualitätsmanagements des Ge- sundheitsdienstleisters. Dazu gehört die intensive Auseinandersetzung mit der Biografie der jeweils zu Pflegenden, um ihre Verhaltensweisen, Sorgen und Ängste besser zu verstehen. Bettina Geißler-Nielsen wählte dafür einen ein- drücklichen Weg: Sie trat mit einem Rollator vor die Gäste des Ecclesia- Symposiums und erzählte aus der Per- spektive einer alten Dame. „Die Biogra- fiearbeit ist sehr wichtig. Die Menschen fühlen sich dadurch angenommen, gleichzeitig wächst das Verständnis für ihr Verhalten, das Pflegeteam hat es leichter“, schilderte sie. „Außerdem werden die Pflegebedürftigen aktiviert, ihre Kompetenzen werden gestärkt. Vorbeugen heißt auch: selber machen lassen“, betonte die Pflegefachfrau. Zum Risikomanagement gehört die Prä- ventionsarbeit genauso wie die aktive Krisenbewältigung. Dr. Hartwig Schle- siger, Head of Global Site Services der LANXESS Deutschland GmbH, griff die- sen Aspekt auf und berichtete von einer aktiven Krisenbewältigung, die sich in drei Phasen abspielt: am Anfang muss das krisenhafte Ereignis mit seinen Konsequenzen zunächst verstanden werden. Dann werden Strukturen ge- schaffen, um die Situation zu bewälti- gen. Am Ende der Krise geht es darum, die Prozesse wieder zurück in den Nor- malmodus zu führen. „In allem braucht es einen Kümmerer, der den Hut auf- hat“, fasste er zusammen. Die Versicherungswirtschaft misst dem proaktiven Krisenmanagement eben- falls immer mehr an Bedeutung zu. Das wurde in der abschließenden Podiums- diskussion deutlich, die Holger Wen- dorff, Geschäftsführer der deas Deut- sche Assekuranzmakler GmbH, mit Dr. Alexander Mahnke, Vorstand der MSIG Insurance Europe, und Glenn van Mele, 9 Geschäftsführer der HDI Risk Consul- ting GmbH, führte. Die Tendenz gehe von „reparieren und erstatten“ hin zu „vorhersagen und vermeiden“, fasste Glenn van Mele zusammen. Dr. Alexan- der Mahnke warb für die Partnerschaft: „Versicherer sind Teil des Risikoma- nagements der Industrie.“ Letztlich komme man nur im Dialog zu zufrieden- stellenden Lösungen für die Kunden, betonte auch Holger Wendorff. Dr. Alexander Mahnke Partnerschaft und Dialog über die Bran- chen hinweg: Dr. Peter Gausmann, Ini- tiator des ersten Ecclesia-Symposiums, bewertete die Veranstaltung als Erfolg. Es sei sehr deutlich geworden, dass der branchenübergreifende Austausch über Risikomanagement für alle Seiten vorteilhaft sei. „Wir werden diese Reihe fortsetzen“, versprach der Geschäfts- führer der zur Ecclesia Gruppe gehö- renden GRB Gesellschaft für Risiko- Beratung. Redaktion unternehmenskommunikation@ ecclesia.de Informationsdienst 2 /2023